Der Autor:

Dr. Hansjörg Leichsenring,
Chefredakteur und Herausgeber www.Der- Bank-Blog.de

Die wirkliche Gefahr für die etablierten Finanzdienstleister geht nicht von FinTech-Startups aus, sondern von den großen digitalen Mega-Playern wie Apple und Amazon.

Wer im Finanzsektor nachhaltig Erfolg haben will, sollte nicht nur etwas von IT und Internet, sondern auch eine Menge vom Bankgeschäft verstehen.

FinTech-Unternehmen gelten als die Innovatoren der Finanzdienstleistung. Doch sind sie beständige
Konkurrenten der etablierten Firmen und verdrängen diese gar bald ganz aus dem Markt?
Sieben Thesen sollen die Diskussion bereichern.

 

Die Digitalisierung wird den Finanzmarkt der Zukunft prägen und verändern. FinTech (= Financial Services + Technologie) ist dabei ein wichtiger und nachhaltiger Trend. Im Wesentlichen stecken zwei Ursachen dahinter:
Zum einen erwarten Kunden von ihrem Geldinstitut ein attraktives digitales Angebot, mit dem sie Leistungen komfortabel und einfach über das Internet erwerben oder nutzen können. Schließlich sind sie dies aus den meisten anderen Bereichen des Alltags längst gewohnt. Zum anderen sind die Kosten für digitale Technologien deutlich gesunken und werden weiter sinken. Das wiederum fördert ihren Einsatz allein unter Rentabilitätsgesichtspunkten.

FinTech-Start-ups haben den Trend zur Digitalisierung der Finanzdienstleistung aufgegriffen und versuchen, davon zu profitieren: mit innovativen Produkten und Leistungen, die über den Vertriebskanal Internet angeboten werden, und
mit der Digitalisierung von Prozessen und Wertschöpfungsketten. Ein Teil dieser FinTech-Unternehmen will den etablierten Finanzinstituten Kunden komplett oder zumindest in einigen Bereichen abjagen. Ein anderer Teil will mit ihnen zum beiderseitigen Nutzen zusammenarbeiten. Inzwischen mehren sich kritische Stimmen zum FinTech-Boom. Da ist von einem Hype die Rede, Vergleiche zur Dotcom-Blase im Jahr 2000 mehren sich. Unter anderem merkte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret an, dass die Digitalisierungswelle zwar einzelne Prozesse vereinfacht und viele Spielregeln des Bankengeschäfts verändert habe, langfristig jedoch nur wenige FinTech-Start-ups überleben würden.
Daher sind die folgenden sieben Thesen als Beitrag zur Diskussion zu verstehen.

1. User Experience alleine reicht nicht aus
Der größte Pluspunkt aufseiten der FinTech-Unternehmen ist die gelieferte Kundenerfahrung. Diese ist meist besser als im konventionellen Online-Banking der Banken oder Sparkassen. Aber eine attraktiv gestaltete mobile App allein
macht noch keine Bank. Gute User Experience lässt sich nicht patentieren und kann schnell kopiert werden.

2. FinTech ist keine Rocket Science
Bei aller Sympathie für die FinTech-Szene und deren Ideen: Man muss dafür kein Nobelpreisanwärter für Quantenphysik sein. Die meisten Konzepte lassen sich mit vergleichsweise geringem Aufwand nachbauen. Patentrechte wurden für FinTech-Lösungen bislang keine vergeben.

3. Regulierung ist der Freund der Banken
Wer im Finanzsektor nachhaltig Erfolg haben will, sollte nicht nur etwas von IT und Internet, sondern auch eine Menge vom Bankgeschäft verstehen. Die Hürden der Regulierung verhindern – aus gutem Grund – einen Wettbewerb
auf Augenhöhe. Daher können sich die Banken auch in aller Ruhe ansehen, welche Ideen gut und nachahmenswert sind.

4. Kunden sind kritisch, wenn es ums Geld geht
Kunden wollen, dass ihr Geld sicher ist. Sie sind bislang eher skeptisch gegenüber FinTechs. Es wird lange dauern, bis es FinTech-Unternehmen gelingt, den Vertrauensvorsprung der etablierten Finanzdienstleister aufzuholen und einen Wandel des Konsumentenverhaltens herbeizuführen.

5. Auf die Banklizenz kommt es an
Matthias Kröner, CEO der Fidor Bank, hat angemerkt, dass sich ein nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell nur im Rahmen einer echten und der Aufsicht unterworfenen Bank aufbauen ließe. Das setzt entsprechende Kapitalkraft,
Durchhaltevermögen sowie die erforderliche Managementkapazität voraus. Die wenigsten FinTech-Start-ups bringen diese Eigenschaften mit. Einige FinTech-Start-ups bedienen sich der Banklizenz von bestehenden Banken, doch das
wird nicht zum Erfolg führen. Einerseits sind die dahinter stehenden Banken beim Endkunden wenig bekannt, andererseits „gehören“ die Kunden in diesem Fall der lizenzgebenden Bank.

6. Partnerschaften sind die Zukunft der FinTechs
Der Versuch, allein auf Kundenfang zu gehen und mit den etablierten Finanzdienstleistern in einen direkten Wettbewerb zu treten, wird scheitern. In den nächsten Jahren werden vor allem diejenigen FinTech-Start-ups erfolgreich sein, die direkt mit Banken zusammenarbeiten. Denn so schonen die Banken ihre eigenen  Entwicklungskapazitäten und können ihren Kunden neue Leistungen schnell und einfach anbieten oder Prozesse verschlanken. Die FinTech-Unternehmen erhalten so schnell und einfach Zugang zu einer großen Kundenbasis.

7. Das wirkliche Risiko für die Banken sind Technologie-Unternehmen
Die wirkliche Gefahr für die etablierten Finanzdienstleister geht nicht von den vielen innovativen FinTech-Start-ups aus, sondern von den großen digitalen Mega-Playern. Das zeigt sich ansatzweise im Bereich des Zahlungsverkehrs. Sollten sich Technologie-Unternehmen wie Amazon, Apple, Facebook oder Google zu einem Eintritt in die Finanzbranche entschließen, würde sich der Markt massiv verändern. Alle diese Unternehmen verfügen nicht nur über einen hohen Kundenkreis, sondern auch über eine hohe Kapitalkraft.

Zukunft der Finanzdienstleistung bleibt spannend
Banken und Sparkassen können sich keineswegs entspannt zurücklehnen und zum „Business as usual“ übergehen. Die Zukunft gehört denjenigen Instituten, die die aktuellen Entwicklungen aufmerksam verfolgen, analysieren und
daraus schneller als andere die richtigen Schlüsse ziehen. FinTech-Start-ups werden dabei als Katalysator oder als Bestandteil der erfolgenden Reaktionen diesen. Sofern sie nur Katalysatoren sind, werden sie die Anpassung zwar beschleunigen, am Ergebnis jedoch selbst nicht beteiligt sein.

Der Text ist dem Jahrbuch 2016/17 des Finanzplatz Hamburg e.V. entnommen.

 

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